Geometrie und Topologie
Fakultät für Mathematik
Technische Universität München

Die k-ten Wurzeln einer komplexen Zahl $z$

Die Quadratwurzel $\omega=\sqrt{x}$ einer reellen Zahl $x$ ist üblicherweise als die Zahl definiert, die mit sich selbst multipliziert $x$ ergibt, also die Lösung der Gleichung $\omega^2=x$. Dummerweise ist diese Lösung (im Allgemeinen) nicht eindeutig. So gilt z.B. $2^2=4$ und $(-2)^2=4$. Man kann mit gutem Recht sowohl $2$ als auch $-2$ als $\sqrt{4}$ ansehen. Dies wirft konzeptionelle Probleme auf, denen in verschiedenen Fachrichtungen der Mathematik unterschiedlich begegnet wird.

In der Analysis reeller Funktionen definiert man z.B. die Quadratwurzel als eine Funktion $\sqrt{\cdots}\;\colon \mathbb{R}^+\to \mathbb{R}^+$, die einer positiven Zahl wieder ihre positive Wurzel zuordnet (Wurzeln aus negativen Zahlen sind ja ohnehin über $\mathbb{R}$ nicht zugelassen). Analog kann man auch die $k$-te Wurzel einer positiven Zahl $x$ als die eindeutige positive Lösung der Gleichung $\omega^k=x$ definieren. So ist z.B. $\sqrt[3]{8}=2$.

Geht man in den Bereich der komplexen Zahlen über, so liegen die Dinge nicht mehr ganz so einfach. Auch negative Zahlen haben Quadratwurzeln, und aufgrund der Tatsache, dass die reelle Achse keine Sonderrolle mehr spielt, ist es nicht so einfach, eine "positive" Wurzel als eindeutige Lösung auszuzeichnen. Man geht dazu über, dass man das Wurzelziehen als _mehrdeutige Operation_ auffasst: Man spricht dann von den $k$-ten Wurzeln einer komplexen Zahl $z$ (in der Mehrzahl). Dies sind *alle* Lösungen der Gleichung $\omega^k=z$.

Im folgenden Applet kann man sich für gegebenes $k$ und $z$ die Wurzeln anzeigen lassen.




Es fällt auf, dass die Menge der $k$-ten Wurzeln von $z$ die Ecken eines regulären $k$-Ecks bilden. Dies ergibt sich aus folgender Überlegung:

Angenomen, wir haben eine spezielle Lösung $\omega_0$ der Gleichung $\omega^k=z$ gegeben, so ergeben sich alle Lösungen gemäß der Formel \[ \omega_i=\omega_0\cdot e^{2 i\pi\over k}\; i=0,\ldots,k-1. \] Dies kann leicht durch Nachrechnen bestätigt werden: \[ \omega_i^k =(\omega_0\cdot e^{2 i\pi\over k})^k =\omega_0^k\cdot (e^{2 i\pi\over k})^k =\omega_0^k\cdot e^{k\cdot 2 i \pi\over k} =\omega_0^k\cdot e^{2 i \pi} =\omega_0^k\cdot 1 =z \] Die Multiplikation mit $e^{2 i\pi\over k}$ beschreibt eine Drehung um das $i/k$-fache eines Vollkreises. Somit liegen die Wurzeln in den Ecken eines regulären $n$-Ecks.
Eine wichtige Beobachtung: Dreht man $z$ entlang einer Kreisbahn um den Ursprung, so drehen sich die Werte der Wurzeln mit nur einem $k$-tel der Geschwindigkeit von $z$.